Akupunktur

Akupunktur ist eine sehr alte Behandlungsmethode, die bereits vor mehreren tausend Jahren in Asien als Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) angewandt wurde. Ab dem 20. Jahrhundert erlangte sie zunehmenden Bekanntheitsgrad im europäischen Raum. Heutzutage zählt die Akupunktur zu einer komplementär-medizinisch etablierten Therapieform, die sich bei einer Reihe von Indikationen, vor allem bei der Schmerzbehandlung, bewährt hat.

Die Wiener Schule der Akupunktur wurde in den 50er Jahren vom HNO-Arzt Dr. Johannes Bischko begründet, welcher 1972 mit einer Tonsillektomie unter Akupunktur-Analgesie nicht nur zweifelsfrei ihre Wirksamkeit bewies, sondern auch große internationale Aufmerksamkeit erlangte. Von Anfang stand die Integration in das westliche Gesundheitssystem im Vordergrund. Im Ludwig Boltzmann Institut für Akupunktur (heute Johannes-Bischko-Institut für Akupunktur) wurde intensive Grundlagenforschung betrieben. 1986 erfolgte schließlich die Anerkennung der Akupunktur als offizielle wissenschaftliche Heilmethode durch den obersten Sanitätsrat in Österreich.

Der Name Akupunktur leitet sich von den lateinischen Begriffen „acus“ (Nadel) und „pungere“ (stechen) ab. Dementsprechend versteht man unter Akupunktur das Einstechen feiner Nadeln an genau lokalisierten Stellen des Körpers, sogenannten Akupunkturpunkten, welche untereinander durch ein System von Meridianen in Verbindung stehen. Unter einem Meridian kann man sich eine Energieleitbahn vorstellen, in der die Lebensenergie Qi durch den Körper fließt.

In der TCM unterliegen Leben, Gesundheit und Krankheitsentstehung dem Einfluss des holistisch-dualistischen Prinzips von Yin und Yang. Yin und Yang stellen einander entgegengesetzte und sich dabei gleichzeitig bedingende und hervorbringende Kräfte dar, in denen sich das gesamte Sein widerspiegelt. Anders als in der westlichen Schulmedizin nimmt die TCM den Patienten immer in seiner Ganzheit wahr. Der geistig/seelischen Ebene, der Lebensführung und auch der Ernährung werden eine große Bedeutung beigemessen.

Blockaden des Energieflusses lösen Erkrankung und Schmerz aus. Ziel der Akupunkturbehandlung ist es den freien Fluss von Qi wiederherzustellen. Zu Beginn jeder Behandlung findet ein umfassendes Anamnesegespräch mit dem Patienten statt. Zusätzlich werden spezielle Methoden, wie Zungen- und Pulsdiagnostik, eingesetzt. Infolge wird ein individuelles Therapiekonzept erstellt. Je nach Indikation gelangen Körper-, Ohr- oder Laserakupunktur, Dauernadelung oder Moxibustion, eventuell auch in Kombination, zur Anwendung.

Körperakupunktur stellt die am häufigsten angewendete Akupunkturmethode dar. Dabei werden genau definierte Punkte am Körper genadelt. Bedeutsam bei der Auswahl des Punkteprogrammes ist unter anderem, welcher Meridian von dem gestörten Energiefluss betroffen ist und ob es sich um ein akutes oder chronisches Problem handelt. Körperakupunkturpunkte haben eine lokale, regionale Wirkung und, durch die Verbindung über die Energieleitbahnen, auch eine überregionale Wirksamkeit (Fernwirkung).

Die Ohrakupunktur ist eine Sonderform der Akupunktur, die davon ausgeht, dass sich der gesamte menschliche Körper als Reflexzonenmodell (Somatotop) im Ohr wiederfindet. Ähnlich wie bei der Körperakupunktur erfolgt die Stimulation durch Nadelung bestimmter Punkte, die eine Fernwirkung auf Körperregionen oder Organsysteme entfalten. Für einige Zustandsbilder bietet sich das Setzen einer ca. 1 Woche verbleibenden Ohrdauernadel an.

Bei der Laserakupunktur erfolgt die Stimulation der Punkte nicht mit Nadeln, sondern durch Bestrahlung mit Laserlicht. Ein Vorteil ist die Schmerzlosigkeit der Behandlung.

Unter Moxibustion versteht man eine Therapieform, bei der auf traditionelle Weise durch Abbrennen von Moxakraut oder weniger geruchsintensiv durch ein modernes Infrarotgerät, im Rahmen der Nadelung ein Wärmeeffekt erzielt wird.

Akupunktur wirkt schmerzlindernd, durchblutungsverbessernd, vegetativ ausgleichend und entspannend, sowie immunmodulierend. Ein Therapieversuch lohnt sich bei vielerlei Indikationen:

  • orthopädische Erkrankungen
    (z.B. Zervikalsyndrom, Lumboischialgie, Coxarthrose, Gonarthrose, Omarthrose, Überlastungstendopathien wie Tennis-Ellbogen)
  • Atemwegserkrankungen (z.B. Erkrankungen des allergischen Formenkreises wie saisonale Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale, chronische Nasennebenhöhlenaffektionen, COPD, Reizhusten)
  • gastrointestinale Erkrankungen (z.B. funktionelle Störungen wie Reizdarmsyndrom, Colitis ulcerosa, M. Crohn, GERD, Obstipation)
  • psychovegetative Erkrankungen (Befindensstörungen, Schlafstörungen, Nikotinsucht, Adipositas, Erschöpfungszustände, Burn-Out)
  • neurologische Erkrankungen
    (z.B. Spannungskopfschmerz, Migräne, Trigeminusneuralgie, Post-Zoster-Neuralgie, Rehabilitation nach Insult, idiopathische Facialisparese, Polyneuropathie, Schwindel)
  • urogenitale Erkrankungen (z.B.Reizblase, chronische Prostatitis, PMS, Dysmenorrhoe)
  • hormonelle Dysbalance (Klimakterische Beschwerden, Subfertilität)
  • ästhetische Probleme: Falten- und Narbenbehandlung

Ein Therapiezyklus umfasst in der Regel 10 einmal wöchentlich aufeinanderfolgende Behandlungen. Der Zeitaufwand beträgt etwa 30 Minuten, bei der Erstbehandlung ungefähr eine Stunde. Zum ersten Termin mitzubringen sind: Medikamentenliste, rezente Laborbefunde sowie relevante bildgebende Befunde wie zB. Röntgen oder MRT (wenn vorhanden).

Die Akupunktur ist eine sehr gut verträgliche und nebenwirkungsarme Therapieform. Fallweise kann es zur Bildung von kleinen lokalen Hämatomen an der Einstichstelle kommen. Da es sich bei der Akupunktur um eine Reiztherapie handelt, ist es weiters möglich, dass eine vorübergehende Erstverschlechterung auftritt. Prinzipiell ist sie als gutes Zeichen zu werten, da sie die Reaktionsbereitschaft des Organismus anzeigt. Entzündliche Reaktionen werden nur sehr selten bei prädisponierten Patienten (zB. Diabetikern) beobachtet.

Die Ausübung von Akupunktur ist in Österreich Ärzten mit Ius practicandi nach Absolvierung einer von der ÖÄK anerkannten und zertifizierten Ausbildung (ÖÄK Diplom für Akupunktur) vorbehalten.




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